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Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU)

Die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) ist ein wesentlicher Bestandteil der handwerklichen Berufsausbildung. Sie erweitert die betriebliche Praxis und den theoretischen Unterricht in der Berufsschule um praktische Inhalte, die in vielen kleinen, häufig spezialisierten Handwerksbetrieben nicht abgedeckt werden können.

Warum braucht das Handwerk die ÜLU?

Das duale Ausbildungssystem basiert auf zwei zentralen Elementen: der praktischen Ausbildung im Betrieb und der theoretischen Schulung in der Berufsschule. Im Handwerk ergänzt die ÜLU dieses System. Sie bietet praxisnahes handwerkliches Wissen und spielt eine essenzielle Rolle, sowohl für das deutsche Handwerk als auch für die gesamte Volkswirtschaft. Doch weshalb ist die ÜLU für das Handwerk so wichtig?

Die Berufsausbildung in Deutschland folgt einem standardisierten System: Die Ausbildungsordnung und der Ausbildungsrahmenplan gewährleisten, dass alle Auszubildenden eine einheitliche Grundausbildung erhalten und am Ende ihrer Lehre über denselben Wissensstand verfügen. Für die praktische Ausbildung sorgt die ÜLU, indem sie sicherstellt, dass alle Lehrlinge gleichermaßen praxisorientierte Kenntnisse erlangen.

Wesentliche Grundlagen bilden dabei die Unterweisungspläne des Heinz-Piest-Instituts für Handwerkstechnik (HPI). Diese Pläne legen bundesweit ein vielfältiges Kursangebot für die verschiedenen Gewerke fest, einschließlich der jeweiligen Kursdauer. Eine regelmäßige Überarbeitung und Aktualisierung aller Inhalte ist garantiert. Ergänzt werden die Unterweisungspläne durch die Ausbildungsvorschriften der ÜLU, die von den Vollversammlungen der Kammern beschlossen werden. In den Anlagen dieser Vorschriften finden sich unter anderem Angaben darüber, welche Kurse verpflichtend sind.

Das standardisierte theoretische und praktische Ausbildungssystem sichert die Qualität der Nachwuchskräfte. Gleichzeitig können Gesellen – unabhängig davon, in welchem Betrieb oder Bundesland sie ausgebildet wurden – deutschlandweit in ihrem Beruf tätig werden. Damit trägt die ÜLU wesentlich dazu bei, ein einheitlich hohes Ausbildungsniveau in ganz Deutschland zu gewährleisten.

Die Anforderungen an Handwerksberufe steigen kontinuierlich, da die Arbeitswelt durch ständige Veränderungen geprägt ist: Neue Berufe entstehen, bestehende Ausbildungsordnungen werden aktualisiert und modernisiert. Besonders dynamisch entwickeln sich einige Fachbereiche, wie etwa die Elektrotechnik. Diese Anpassungen stellen Betriebe vor erhebliche Herausforderungen, da die modernisierten Berufsbilder oft ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten und Wissen erfordern. Die ÜLU hilft den Betrieben dabei, die hohen Ansprüche der handwerklichen Ausbildung zu meistern.

Die praktische Ausbildung in den Handwerksbetrieben ist von hoher Qualität. Dennoch haben sich viele Betriebe aufgrund der wachsenden Anforderungen in den einzelnen Berufen auf spezielle Bereiche konzentriert. Dadurch liegt der Fokus der Ausbildung oft auf dem spezifischen Fachwissen, das für den jeweiligen Betrieb besonders relevant ist. Allerdings bleibt dabei nicht immer genügend Zeit, um alle Inhalte eines Berufsbildes in ihrer gesamten Breite und Tiefe zu vermitteln. Hier kommt die ÜLU ins Spiel: Sie ergänzt die fachpraktische Ausbildung im Betrieb, ermöglicht eine produktneutrale Vertiefung und entlastet die Betriebe bei der Vermittlung grundlegender Kenntnisse. So werden innerbetriebliche Spezialisierungen ausgeglichen, und die ÜLU trägt dazu bei, eine umfassende und einheitliche Grundausbildung zu gewährleisten, die auf technische und wirtschaftliche Veränderungen eingeht.

Technischer Fortschritt, technologische Neuheiten und die Weiterentwicklung der EDV führen zu einer Flut neuer Informationen, die den Lernstoff für Auszubildende wesentlich verändern. Die ÜLU vermittelt diese technologischen Neuerungen. In kleinen Gruppen vertiefen die Auszubildenden grundlegende Fertigkeiten ihres Berufs und lernen darüber hinaus modernste Maschinen und Technologien kennen. Damit stellt die ÜLU die ganzheitliche Erstausbildung des Nachwuchses auf dem neuesten Stand der Technik sicher. Sie unterstützt insofern auch wichtige politische Ziele wie die Vorbereitung auf die „digitale Revolution“, Klimaschutz, Energieeinsparung und Elektromobilität. Damit stärkt die ÜLU die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der Handwerksbetriebe in besonderem Maße.

Ein Plus für beide Seiten

Wenn Azubis nicht nur im Betrieb lernen, sondern auch in den Werkstätten der Berufsbildungsstätten, profitieren davon nicht nur die Lehrlinge selbst, sondern auch ihre Ausbildungsbetriebe und Ausbilder:

  • Sie können Ihre Tagesgeschäfte optimal abwickeln, während wir zeitintensive Ausbildungsinhalte vermitteln.
  • Die gezielte und systematische Unterweisung entlastet Ausbilder im Betrieb und reduziert Personalkosten.
  • Sie brauchen sich nicht um alle in der Ausbildungsordnung festgeschriebenen Inhalte kümmern, denn wir unterrichten auch die Fertigkeiten, die in Ihrem Betrieb nicht täglich gefragt sind.
  • Die Inhalte sind praxisorientiert und mit Ihren Fachverbänden erarbeitet: Grund- und wichtige Spezialfertigkeiten können unmittelbar nach Lehrgangsbesuch im betrieblichen Prozess eingesetzt werden.
  • Der Einsatzbereich Ihres Lehrlings vergrößert sich – das rechnet sich auch für Sie.
  • Sie erhalten eine Rückmeldung, die zum Beispiel Rückschlüsse auf Fertigkeiten, Arbeitshaltung und Sozialverhalten Ihres Lehrlings zulässt.
  • Die Lehrgänge sind kostengünstiger, weil das Lehrgangsangebot öffentlich gefördert ist.

Die Vorteile der ÜLU liegen klar auf der Hand: Lehrlinge erhalten eine breitgefächerte praktische Ausbildung, die sie vielseitig einsetzbar macht.

  • Du vertiefst praktische Grundlagen für deinen Beruf.
  • Aufgaben, die im Betriebsalltag schon bald gelingen müssen, kannst du bei uns intensiv üben.
  • Du kannst dir Fertigkeiten selbst erarbeiten, wofür im Betrieb oft Zeit und Raum fehlen.
  • Du kannst bei uns neue Technologien, Geräte, Maschinen und Arbeitstechniken kennenlernen und ausprobieren.
  • Der fachliche Austausch mit anderen Lehrlingen bringt zusätzliche Impulse: Projektarbeit im Team macht Spaß.
  • Simulierte Kundenaufträge sind spannend und üben für den echten Einsatz – ohne Folgen, wenn mal etwas nicht so perfekt läuft.
  • Durch die ÜLU ist der Praxisanteil deiner Ausbildung besonders hoch.
  • Unsere Lehrgänge sind für dich die ideale Prüfungsvorbereitung.
  • Egal, ob du in einem großen oder kleinen Betrieb oder in einer bestimmten Region ausgebildet wurdest – durch die ÜLU erhältst du die gleiche hohe Qualifikation wie deine Ausbildungskollegen.

Das breitgefächerte Kursangebot für die ÜLU wird durch das Heinz-Piest-Institut (HPI) bundeseinheitlich konzipiert. In Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachverbänden erarbeitet das HPI die Inhalte und Dauer der ÜLU. Daraus entstehen je Ausbildungsberuf unterschiedliche Unterweisungspläne. Sie legen alle Kursinhalte fest und stellen so auch in der ÜLU das hohe Ausbildungsniveau bundesweit sicher.

Es gibt sowohl Pflicht- als auch freiwillige Lehrgänge, zu denen die Auszubildenden über den Betrieb von den Bildungsstätten eingeladen werden. Der Besuch von Pflichtlehrgängen gehört zu den Voraussetzungen für die Anerkennung einer ordnungsgemäßen Ausbildungszeit. Für die Teilnahme an Pflichtlehrgängen muss der Ausbildungsbetrieb seine Lehrlinge freistellen. Näheres hierzu regelt die Ausbildungsvorschrift für die überbetriebliche Ausbildung von Handwerkslehrlingen im Bezirk der Handwerkskammer Flensburg in der jeweils gültigen Fassung.

Ausbildende Betriebe erhalten spätestens vier Wochen vor Beginn eines ÜLU-Lehrgangs eine Einladung für ihre Auszubildenden. Mit Erhalt der Einladung gilt Ihr Lehrling als angemeldet. Sollte Ihr Lehrling verhindert sein (Krankheit), so ist dies rechtzeitig vor Lehrgangsbeginn mitzuteilen. Kostenfreie Absagen sind nur bis max. 7 Tage vor Lehrgangsstart möglich. Für Erkrankungen, die zu einer kurzfristigeren Absage führen, wird ein Nachweis benötigt, damit für Sie keine Kosten entstehen. In der Einladung finden Betriebe weitere Informationen zu Lehrgangsdauer, Lehrgangsort, und ggf. Übernachtungsmöglichkeiten, für Teilnehmer die nicht täglich zum Lehrgang anreisen wollen oder können. In der Einladungsmail finden sich auch weitere wichtige Informationen, zum Beispiel über erforderliche Arbeitskleidung.

Die ÜLU wird überwiegend in Bildungsstätten des Handwerks durchgeführt. Diese werden von Kammern, Innungen, Kreishandwerkerschaften oder Fachverbänden getragen und bilden damit die verlängerte Werkbank der Ausbildungsbetriebe. Zur Handwerkskammer Flensburg gehört auch der Standort Rendsburg.

In diesen Berufsbildungsstätten können Lehrlinge in sehr gut ausgestatteten Werkstätten und Theorieräumen die Fertigkeiten und Fachkenntnisse ihres Ausbildungsberufes erwerben bzw. vertiefen. Sie werden dabei von hervorragend geschulten Ausbilderinnen und Ausbildern intensiv trainiert. Regelmäßige Fortbildungen und herstellerbezogene Produktschulungen halten die Lehrmeister stets auf dem Laufenden. Die ÜLU findet in Kleingruppen statt, um eine optimale Lehrsituation sicherzustellen.

Allerdings werden nicht alle Lehrlinge in den Berufsbildungsstätten unterwiesen. Andere Träger wie zum Beispiel Innungen verfügen auch über eigene Lehrorte. Zudem kann die ÜLU aus Kostengründen nicht für jeden Ausbildungsberuf in jeder Region angeboten werden. Der Standort der ÜLU-Unterweisung wird den Betrieben vor Lehrgangsstart mitgeteilt. 

Zeitpunkt, Organisation und Dauer der ÜLU-Lehrgänge sind von Ausbildungsberuf zu Ausbildungsberuf unterschiedlich. Lehrgänge können zum Beispiel als Wochenblockunterricht oder an einzelnen Tagen stattfinden. Darüber entscheiden die Bildungsträger unter Berücksichtigung vieler unterschiedlicher Faktoren – etwa in Abstimmung mit den Berufsschulen oder mit Blick auf das Einzugsgebiet der Teilnehmer.

Auch die Gesamtdauer und Anzahl der ÜLU-Lehrgänge hängt maßgeblich von den Anforderungen an den jeweiligen Ausbildungsberuf ab. Die Entscheidung über die erforderliche Dauer der ÜLU in einem bestimmten Ausbildungsberuf trifft das Heinz-Piest-Institut zusammen mit den jeweiligen Fachverbänden.

Kosten für Betriebe und Azubis

Die ÜLU wird zu einem großen Anteil über Zuschüsse von Bund und Ländern sowie aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert. Es verbleibt jedoch ein Eigenanteil für die ausbildenden Betriebe: Die Höhe der Lehrgangsgebühren findet sich in der „Gebührenregelung zur Ausbildungsvorschrift für die überbetriebliche Ausbildung von Handwerkslehrlingen im Bezirk der Handwerkskammer Flensburg“.

Vor dem Hintergrund steigender Ausbildungskosten bei gleichzeitig sinkenden Ausbildungszahlen hat die Vollversammlung der Handwerkskammer Flensburg eine Neuregelung der Finanzierung der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) beschlossen.

Im Rahmen dieser Neuregelung werden künftig auch Betriebe, die derzeit keine Auszubildenden beschäftigen, zu einem Sonderbeitrag – der sogenannten ÜLU-Umlage – herangezogen. Mehrere Kammern im Bundesgebiet haben sich bereits für dieses Verfahren entschieden.

Zur weiteren Information haben wir hier die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen (FAQ) für Sie zusammengestellt.

Während der ÜLU werden die Kosten für Unterbringung gefördert, es verbleibt jedoch ein Eigenanteil für den Betrieb. Die aktuellen Preise für die Unterbringung und Verpflegung können jeweils der aktuellen Gebührenregelung für die ÜLU entnommen werden.

Zahlen zur ÜLU im Kammerbezirk im Jahr 2024

  • Grundlehrgang: 273
  • Fachstufenlehrgang: 625
  • Grundlehrgang: 1.906   
  • Fachstufenlehrgang: 4.364
  • Grundlehrgang: 10.896   
  • Fachstufenlehrgang: 22.659

*Eine Person kann mehrmals als Teilnehmer auftauchen. Es wird jedes Mal ein neuer Teilnehmer erfasst, sobald ein weiterer Kurs besucht wird.

  • Grundlehrgang: 1.511   
  • Fachstufenlehrgang: 3.309
  • weiblich: 668 
  • männlich: 5902

So wird die ÜLU gefördert

Die Ausbildung in den Berufsbildungsstätten verursacht natürlich auch Kosten. Da diese zusätzlichen Ausbildungskosten zumeist von den kleinen Ausbildungsbetrieben im Handwerk nicht alleine getragen werden können, gibt es Zuschüsse von Bund und Ländern sowie aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Aus Landes- und ESF-Mitteln werden Grund- und Fachstufenlehrgänge, aus Bundesmitteln nur Fachstufenlehrgänge gefördert. Bund und Länder übernehmen jeweils bis zu einem Drittel der Gesamtkosten, unterstützt vom ESF.

Die Zuschüsse kommen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein(*). Der als Lehrgangsgebühr zu zahlende Eigenanteil der Ausbildungsbetriebe wird dadurch reduziert. Auch aus dem Haushalt der Kammer fließen regelmäßig finanzielle Mittel in die Ausstattung der Werkstätten und Schulungsräume. Spenden von Sponsoren tun ein Weiteres, um einen modernen technischen Standard zu garantieren.

*Die Förderung aus Mitteln des Landes Schleswig-Holstein und des ESF gilt grundsätzlich nur für Teilnehmer aus schleswig-holsteinischen Handwerksbetrieben. Teilnehmer aus Mecklenburg-Vorpommern werden aus Fördermitteln ihrer Bundesländer bezuschusst. Lehrlinge aus Regiebetrieben (eine Betriebsform für öffentliche Betriebe und Verwaltungen von Gebietskörperschaften) können weder aus Bundes- noch aus Landesmitteln gefördert werden.

Forderungen an die Politik

Um der oft betonten Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung Gestalt zu geben, müssen die Ausbildungsanstrengungen der Betriebe nachhaltiger unterstützt und gefördert werden – zumal die akademische Ausbildung fast gänzlich von der Gesellschaft getragen wird. Ziel muss es sein, die Attraktivität der beruflichen Bildung ebenso zu fördern. Denn die berufliche Ausbildung legt den Grundstein für den Erfolg der deutschen Volkswirtschaft im weltweiten Wettbewerb. Als Teil der beruflichen Ausbildung im Handwerk ist die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung durch ihren Praxisbezug systemrelevant und verdient mehr Wertschätzung, auch finanziell.

Obwohl Bund und Länder bis zu jeweils einem Drittel der ÜLU-Gesamtkosten übernehmen könnten, sind die tatsächlichen Finanzierungsanteile in den letzten Jahren jedoch kontinuierlich gesunken. Die ÜLU ist strukturell unterfinanziert. Um den Stellenwert der dualen Ausbildung zu stärken und die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung auch zu leben, müssen die handwerklichen Ausbildungsbetriebe nachhaltig von den Kosten der Ausbildung entlastet werden. Bund und Länder müssen ihre Möglichkeiten ausschöpfen und sich bis zu einem Drittel an den Ist-Kosten der ÜLU beteiligen.

Neben der dafür notwendigen Aufstockung der ÜLU-Zuschüsse ist eine regelmäßige Anpassung an die Kostenentwicklung bei Personal, Material und Gemeinkosten erforderlich. Ferner müssen auch die Zuschüsse für die auswärtige Unterbringung von Lehrlingen spürbar erhöht und ausreichend Wohnkapazitäten geschaffen sowie den Auszubildenden Azubi-Tickets kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, um zu den Standorten der Bildungszentren und der Berufsschule zu gelangen. Aktuell und in der Zukunft muss alles vermieden werden, was ausbildende Betriebe über Gebühr belastet.

Kontakt

Henning Carstensen Geschäftsbereichsleiter Bildungszentrum Telefon 0461 866- 144 Telefax 0461 866-110 h.carstensen@hwk-flensburg.de

Britta Clausen Assistentin Geschäftsbereichsleiter Bildungszentrum Telefon 0461 866-164 Telefax 0461 866-110 b.clausen@hwk-flensburg.de